Frauen dürfen nicht zum Dienst an der Waffe verpflichtet werden. Richtig so, findet Bundeswehr-Professorin Kathrin Groh. Warum, erklärt sie im Interview mit MDR AKTUELL.
Wir haben keine Not, wir müssen keine Frauen einziehen, um unsere Verteidigungsfähigkeit herzustellen.
Eine Zwangsverpflichtung ist ja auch nicht für die nächste NATO Übung gedacht, sondern wenn wir eben den Verteidigungsfall haben.
[MDR] 2006 hat das Bundesverwaltungsgericht die Nicht-Existenz einer Wehrpflicht für Frauen in einem Beschluss auch damit begründet, dass Frauen im familiären Bereich stärkeren Belastungen ausgesetzt sind als Männer und dass das eben ihre Herausnahme aus den Dienstverpflichtungen rechtfertigen würde. Verstärkt nicht aber diese Begründung noch die binäre Rollenverteilung und eben die Ungleichbehandlung von Frauen, gegen die feministische Bewegungen kämpfen?
[Groh] Die Wehrpflicht für Frauen bedeutet ja nur, dass wir eine Pflicht zusätzlich für Frauen schaffen. Es gibt eine zusätzliche Rolle, in die ich Frauen reinzwinge, obwohl die das gar nicht wollen.
Und ich als Man möchte auch nicht pauschal in die Schublade “Mammutjäger” gesteckt zu werden. Es ist also OK, mich zum Dienst an der Waffe zu verpflichten, weil die Gesellschaft das als meine Pflicht als Man sieht? Mal böse umgedreht: Manche sehen es als Pflicht der Frau, den Haushalt zu führen. Richtiger macht es das trotzdem nicht. Männer sollten auch vermehrt diese Care-Arbeit wahrnehmen, aber wenn ich der Argumentation von Frau Groh folge, ist das eine neue zusätzliche Rolle, die ich aufgrund meiner Benachteiligung durch den Zwangsdienst nicht übernehmen müsste.
Ich versuche ja echt nicht in “Red Pill”-Terrain abzudriften, aber manchmal ist es für mich einfach schwierig der Argumentation zu folgen. Vor allem, wenn dann noch solche Sachen kommen:
[MDR] Und anstatt Frauen mit einer Wehrpflicht im gleichen Maße zu “benachteiligen” wie es Männer schon sind, die Wehrpflicht auch für Männer abzuschaffen? Wäre das dann die bessere, die feministischere Lösung?
[Groh] Vor 2022 schon, ja. Aber mittlerweile spielen da ja ganz andere politische Kriterien mit.
Ja, genau. Die Lage hat sich dramatisch geändert. Wäre es dann nicht an der Zeit, eben diese Einstellung zum Thema Frauen und Dienst an der Waffe zu überdenken? Der darauffolgende Satz erscheint mir dann schon fast wie blanker Hohn:
[Groh] Aber wenn es nicht klappen sollte, genügend [männliche] Freiwillige zu kriegen, dann muss eben wieder zwangsverpflichtet werden, weil das Ziel wehrtüchtig zu werden, das Ziel Gleichbehandlung herzustellen im Moment toppt.
Die Zeiten ändern sich, aber wir machen weiter wie bisher. Frau Groh könnte glatt ein Ministerium für die Union in der kommenden Regierung übernehmen.
Das liegt auch daran, dass die Chancen für Frauen in der Bundeswehr in Führungspositionen zu kommen, sehr gering sind. Das Problem ist, um in die ganz hohen Ränge zu kommen, muss man viele verschiedene Verwendungen durchlaufen. Das heißt, man wird so gut wie alle zwei Jahre in eine neue Verwendung gesteckt und muss in der Regel auch umziehen. Und das machen Sie mal, wenn Sie gerade Mutter geworden sind und nicht wissen, wie Sie die Kinderbetreuung regeln sollen. Welcher Mann macht das mit, der nicht vielleicht selber noch bei der Bundeswehr ist?
Einer, der sich mit seiner Frau gut abgestimmt hat. Im Normalfall fällt ein Kind nicht vom Himmel und wenn die Karriereziele des Paares eine Kinderbetreuung nicht zulassen, dann sind meiner Ansicht nach die beiden Optionen entweder kein gemeinsames Kind zu bekommen oder dass die Beziehung so nicht weitergehen kann. Gemeinsame oder zumindest kompatible Ziele erscheinen mir persönlich als eine wichtige Grundlage für eine funktionierende Beziehung. Nicht jeder Mann will eine Taika Waititi und Cate Blanchett Style Beziehung und nicht jede Frau will am Herd stehen. Alles ganz normal in einer gleichberechtigten Gesellschaft.
Und dann haben wir so ganz profane Probleme, wie unpassendes Equipment: Gasmasken sind zu groß, Splitterwesten zu groß.
Herzlich willkommen in meiner Welt als Mann jenseits der 1,90: Vieles ist ein kleines bisschen zu klein. Im ÖPNV wenig bis keine Beinfreiheit, Schuhe zu finden ist auch nicht immer leicht und in alten Häusern bleibe ich regelmäßig am Türrahmen hängen. Nicht passende Kleidung ist ein Beschaffungsproblem, von dem die Bundeswehr leider mehr wie eines hat und keine systematische Benachteiligung.
Alles in allem liest sich dieses Interview für mich wie ein Plädoyer für “Alles bleibt so wie es ist”. Die einzige wirklich interessante Information wird weder erläutert noch weiter beachtet:
[Groh] Die Bundeswehr hat tatsächlich in der Attraktivität als Arbeitgeber für Frauen in den letzten drei Jahren um 50 Prozent verloren.
Warum? Darum?
[Groh] Das Ziel der Wehrtüchtigkeit verändert das Klima in der Bundeswehr wieder hin zum zu diesem Kämpfertum. Und die Belange der Frauen fallen mal wieder so ein bisschen hinten runter.
Dabei argumentiert Frau Groh doch weiter oben selbst gegen Gleichberechtigung in der aktuell stark veränderten Situation in Bezug auf einen Zwangsdienst für Frauen.
[Groh] Aber wenn es nicht klappen sollte, genügend [männliche] Freiwillige zu kriegen, dann muss eben wieder zwangsverpflichtet werden, weil das Ziel wehrtüchtig zu werden, das Ziel Gleichbehandlung herzustellen im Moment toppt.
Irgendwie ist das alles für mich ein Zirkelschluss, in dem einerseits mehr Gleichstellung gefordert und gleichzeitig abgelehnt wird.
Wir haben keine Not, wir müssen keine Frauen einziehen, um unsere Verteidigungsfähigkeit herzustellen.
Eine Zwangsverpflichtung ist ja auch nicht für die nächste NATO Übung gedacht, sondern wenn wir eben den Verteidigungsfall haben.
Sorry, aber es wäre nicht sinnvoll oder angemessen, eine Wehrpflicht erst dann einzuführen, wenn wir bereits im Krieg sind.
Wenn du die Leute erst dann verpflichtest, wenn es schon zu spät ist, und diese Leute dann nicht einmal allermindestens die mehrmonatige Grundausbildung durchlaufen haben, dann schießen die sich versehentlich selber in den Fuß und Schlimmeres.
Und um als ganzes Land wirklich verteidigungsfähig zu werden, muss man auch eine ordentliche Anzahl Reservisten haben, die vorher eine ganze Ausbildung gemacht haben, also z.B. den Grundwehrdienst komplett gemacht haben.
Das kommt mir in der Debatte auch immer etwas kurz. Primärziel ist doch eigentlich mehr Reservisten zu bekommen. Dafür braucht es auch kein ganzes Jahr Wehrpflicht, sondern eher … äh keine Ahnung … drei Monate?
Als Nebenwirkung dürfte sich die Anzahl an Freiweilligen vermutlich erhöhen einfach weil ein paar in der Grundausbildung den Job ganz nett finden werden.
Dafür braucht es auch kein ganzes Jahr Wehrpflicht, sondern eher … äh keine Ahnung … drei Monate?
Jain. Die Grundausbildung ist ja bereits jetzt 3 Monate lang. Danach gehts halt auf einen Dienstposten, wo man das lernt, was man im Ernstfall als Reservist machen muss.
Sinnlos Kisten zählen um beschäftigt zu werden? Kraftraum morgens aufschließen und abends zuschließen?? Das waren nämlich so die Dinge die meine Freunde nach der Grundausbildung machen durften.
Hab ich auch nicht gerafft damals im Wehrdienst. Da habe ich unsere Kompaniefrauenbeauftragte gefragt, warum Frauen keinen Wehrdienst leisten müssen. Und dann war die Antwort “wenn Frauen schwanger sind und danach Kinder betreuen, leisten sie ja dann ihren Gesellschaftsdienst”.
Und ich dachte mir auch, naja, Argumentation für1950 ja, da war die Frau quasi Eigentum des Mannes und hatte wenig bis gar keine Mittel über ihr Mutterwerden und Muttersein zu entscheiden. Aber 2006 war die Schwanger- und Mutterschaft dann schon eher eine freie Entscheidung, während mein Wehrdienst weiterhin keine freie Entscheidung war.
Du hast’s auf den (sehr ausführlichen) Punkt gebracht.
Selbst mit dem >1.90m
Bei meiner grässlichen Wehrpflicht damals mussten die ein extra Bett für mich zusammen basteln. Und dann merkten sie, dass die Nische wo das steht nunmal nur exakt 2m gross ist.
Den Rest der Zeit verbrachte ich dann diagonal im Schlaf, wie eine Sardine in der Konserve.
Also wahrlich keine sehr sinnige Argumentation gegen Frauen im Wehrdienst und die zu kleinen Westen.
Eine Zwangsverpflichtung ist ja auch nicht für die nächste NATO Übung gedacht, sondern wenn wir eben den Verteidigungsfall haben.
Und ich als Man möchte auch nicht pauschal in die Schublade “Mammutjäger” gesteckt zu werden. Es ist also OK, mich zum Dienst an der Waffe zu verpflichten, weil die Gesellschaft das als meine Pflicht als Man sieht? Mal böse umgedreht: Manche sehen es als Pflicht der Frau, den Haushalt zu führen. Richtiger macht es das trotzdem nicht. Männer sollten auch vermehrt diese Care-Arbeit wahrnehmen, aber wenn ich der Argumentation von Frau Groh folge, ist das eine neue zusätzliche Rolle, die ich aufgrund meiner Benachteiligung durch den Zwangsdienst nicht übernehmen müsste.
Ich versuche ja echt nicht in “Red Pill”-Terrain abzudriften, aber manchmal ist es für mich einfach schwierig der Argumentation zu folgen. Vor allem, wenn dann noch solche Sachen kommen:
Ja, genau. Die Lage hat sich dramatisch geändert. Wäre es dann nicht an der Zeit, eben diese Einstellung zum Thema Frauen und Dienst an der Waffe zu überdenken? Der darauffolgende Satz erscheint mir dann schon fast wie blanker Hohn:
Die Zeiten ändern sich, aber wir machen weiter wie bisher. Frau Groh könnte glatt ein Ministerium für die Union in der kommenden Regierung übernehmen.
Einer, der sich mit seiner Frau gut abgestimmt hat. Im Normalfall fällt ein Kind nicht vom Himmel und wenn die Karriereziele des Paares eine Kinderbetreuung nicht zulassen, dann sind meiner Ansicht nach die beiden Optionen entweder kein gemeinsames Kind zu bekommen oder dass die Beziehung so nicht weitergehen kann. Gemeinsame oder zumindest kompatible Ziele erscheinen mir persönlich als eine wichtige Grundlage für eine funktionierende Beziehung. Nicht jeder Mann will eine Taika Waititi und Cate Blanchett Style Beziehung und nicht jede Frau will am Herd stehen. Alles ganz normal in einer gleichberechtigten Gesellschaft.
Herzlich willkommen in meiner Welt als Mann jenseits der 1,90: Vieles ist ein kleines bisschen zu klein. Im ÖPNV wenig bis keine Beinfreiheit, Schuhe zu finden ist auch nicht immer leicht und in alten Häusern bleibe ich regelmäßig am Türrahmen hängen. Nicht passende Kleidung ist ein Beschaffungsproblem, von dem die Bundeswehr leider mehr wie eines hat und keine systematische Benachteiligung.
Alles in allem liest sich dieses Interview für mich wie ein Plädoyer für “Alles bleibt so wie es ist”. Die einzige wirklich interessante Information wird weder erläutert noch weiter beachtet:
Warum? Darum?
Dabei argumentiert Frau Groh doch weiter oben selbst gegen Gleichberechtigung in der aktuell stark veränderten Situation in Bezug auf einen Zwangsdienst für Frauen.
Irgendwie ist das alles für mich ein Zirkelschluss, in dem einerseits mehr Gleichstellung gefordert und gleichzeitig abgelehnt wird.
Sorry, aber es wäre nicht sinnvoll oder angemessen, eine Wehrpflicht erst dann einzuführen, wenn wir bereits im Krieg sind.
Wenn du die Leute erst dann verpflichtest, wenn es schon zu spät ist, und diese Leute dann nicht einmal allermindestens die mehrmonatige Grundausbildung durchlaufen haben, dann schießen die sich versehentlich selber in den Fuß und Schlimmeres.
Und um als ganzes Land wirklich verteidigungsfähig zu werden, muss man auch eine ordentliche Anzahl Reservisten haben, die vorher eine ganze Ausbildung gemacht haben, also z.B. den Grundwehrdienst komplett gemacht haben.
Das kommt mir in der Debatte auch immer etwas kurz. Primärziel ist doch eigentlich mehr Reservisten zu bekommen. Dafür braucht es auch kein ganzes Jahr Wehrpflicht, sondern eher … äh keine Ahnung … drei Monate?
Als Nebenwirkung dürfte sich die Anzahl an Freiweilligen vermutlich erhöhen einfach weil ein paar in der Grundausbildung den Job ganz nett finden werden.
Jain. Die Grundausbildung ist ja bereits jetzt 3 Monate lang. Danach gehts halt auf einen Dienstposten, wo man das lernt, was man im Ernstfall als Reservist machen muss.
Sinnlos Kisten zählen um beschäftigt zu werden? Kraftraum morgens aufschließen und abends zuschließen?? Das waren nämlich so die Dinge die meine Freunde nach der Grundausbildung machen durften.
Das ist genau mein Punkt. Sorry, wenn das nicht klar wurde.
Hab ich auch nicht gerafft damals im Wehrdienst. Da habe ich unsere Kompaniefrauenbeauftragte gefragt, warum Frauen keinen Wehrdienst leisten müssen. Und dann war die Antwort “wenn Frauen schwanger sind und danach Kinder betreuen, leisten sie ja dann ihren Gesellschaftsdienst”.
Und ich dachte mir auch, naja, Argumentation für1950 ja, da war die Frau quasi Eigentum des Mannes und hatte wenig bis gar keine Mittel über ihr Mutterwerden und Muttersein zu entscheiden. Aber 2006 war die Schwanger- und Mutterschaft dann schon eher eine freie Entscheidung, während mein Wehrdienst weiterhin keine freie Entscheidung war.
Du hast’s auf den (sehr ausführlichen) Punkt gebracht.
Selbst mit dem >1.90m Bei meiner grässlichen Wehrpflicht damals mussten die ein extra Bett für mich zusammen basteln. Und dann merkten sie, dass die Nische wo das steht nunmal nur exakt 2m gross ist. Den Rest der Zeit verbrachte ich dann diagonal im Schlaf, wie eine Sardine in der Konserve.
Also wahrlich keine sehr sinnige Argumentation gegen Frauen im Wehrdienst und die zu kleinen Westen.